Dienstag, 30. November 2010

Unterwegs im Chickenbus




Wie das echte Leben, das jedem von uns ab und an aus heiteren Lüften ein Donnerwetter sendet, hat auch eine Reise seine Höhen und Tiefen. Gerade noch am schönsten Karibikstrand gelegen, sollten die folgenden drei Tage völlig unverhofft die anstrengendsten und mühseligsten unserer bisherigen Reise werden. Unser Plan war es, so schnell wie möglich nach San Salvador zu kommen, unserem nächsten großen Reiseziel. Dort hatten wir eine Einladung von meinem guten Freund Basti, der zusammen mit seiner Freundin in der Stadt schon seit zwei Jahren an einer deutschen Schule unterrichtet. Auf der Karte sah eigentlich alles ganz einfach aus und es schien, als ob wir die knapp 700 Kilomter in eineinhalb Tagen gut zurücklegen konnten. Aber dem war leider nicht so.

Das Drama fing an in Belize City, wo wir einen Bus nehmen wollten in das 3 Stunden entfernte Dangria. Unglücklicherweise war der folgende Tag ein Feiertag und Dangriga offensichtlich "the place to be". Es schien, als ob die ganze westliche Hemisphäre auf diesen einen Bus wollte. Um eine lange Heldengeschichte abzukürzen: ich sicherte Svenja und mir einen Platz im Bus - der Preis dafür war eine Platzwunde am Knie und ein kaputtes Paar Flip Flops.
In Dangriga stiegen wir um auf einen so genannten Chickenbus. Grundgeschwindigkeit: 5 km/h. Subjektiv empfundene Lautstärke der afrikanischen Bongomusik an Bord: 2700 Dezibel. Verhältins von Bushaltestellen zu Wegstrecke: 5 Stops auf 100 Meter. Völlig gerädert kamen wir Abends in Plancencia an, unserem heutigen Etappenziel und erkundigten uns gleich nach der Fährfahrt am nächsten Tag nach Honduras. Diese stand unter einem schlechten Stern, denn der Wetterbericht prognostizierte Regensturm und Windstärke 4. Der Verantwortliche am Hafen stellte es in Frage, ob die Fähre überhaupt fahren würde. Aber sie fuhr. Und wir mit ihr. Der Begriff "Fähre" ist in diesem Zusammenhang allerdings etwas irreführend. Denn bei der Fähre handelte es sich eher um eine Art Schnellboot, welches Platz bot für ca. 50 Menschen.

Es war die abgefahrendste und aufregendste Bootsfahrt meines Lebens! Das Schifflein brauste in halsbrecherischem Tempo über die jähzornigen und meterhohen Wellen hinweg, die weitaus größer waren als das Boot selbst. Am Kamm jeder einzelnen Welle hatte man das Gefühl in einer Achterbahn oder am Umkehrpunkt eines Parrabelflugs zu sitzen. Alle an Bord kreischten und klammerten sich an den Nachbarn oder an den Sitzen fest. Teilweise hob man regelrecht ab und donnerte dann wieder schmerzvoll auf die harte Bank. Der Unterschied zu einem Freizeitpark bestand darin, dass wir mitten auf hoher See waren und der ganze Ritt drei Stunden dauerte. Teilweise kamen so hohe Wellen von der Seite, dass einem wirklich Angst und bang wurde. Die Tatsache, dass nur halb so viele Schwimmwesten an Bord waren, wie Passagiere trug nicht zu unser aller Beruhigung bei. Da war es fast schon nebensächlich, dass wir im Gegensatz zu vielen anderen Mitreisenden die ganze Show immerhin überlebten, ohne dabei über die Reling zu kotzen.

Endlich und unversehrt in Honduras angekommen ging die wilde Fahrt gleich weiter. Die Rustche zu fünft im Taxi war fast noch ein Zuckerschleckem im Vergleich, zu der bevorstehenden Busfahrt. Denn dieses Mal hatten wir weniger Glück bei der Platzsicherung. Das bedeutete, dass wir stolze drei Stunden in einem völlig überfüllten Bus stehen mussten. Da der Bus auch kein Licht hatte, versuchten wir uns mit wilden Wort- und Erinnerungsspielen bei Laune zu halten. Aber nach eineinhalb Stunden "Kofferpacken" (es gab keinen Sieger!) war das irgendwie auch langweilig. Als auf den letzten Kilometern unser Bus zehn mal wegen Motorschaden stehen bleiben musste und sich die Fahrt noch einmal um eine Stunde hinauszögerte war die Moral endgültig gebrochen. Abends um 23 Uhr kamen wir schließlich in dem gottlosen Kaff in Honduras an, ohne bis dahin den ganzen Tag etwas Vernünftiges gegessen zu haben. Daran sollte sich aber auch nichts ändern, denn in dem verregneten und feindseligen Städtlein waren die Bügersteige schon längst nach oben geklappt. Spätestens nachdem auf der fünf minütigen Fahrt zu unserem völlig überteuerten Hostel auch noch unser Taxi wegen einer Panne stehen blieb, fühlten wir uns endgültig verwunschen.

Tag drei unserer wilden Fahrt nach El Salvador verbrachten wir hauptsächlich in Chickenbuses. Entsprechende Ewigkeiten dauerte es, um von A nach B zu kommen. Schlussendlich benötigten wir fast einen ganzen Tag für eine Strecke von ca. 120 Kilometern. Der krönende Abschluss unserer Odyssee war die einstündige Fahrt mit dem proppevollen Stadtbus von San Salvador, in dem wir auch stehen mussten. Dieses Mal allerdings mit all unserem Gepäck auf den Schultern. Bei der Fahrt, die im Grunde nur aus Vollgas und Vollbremsungen bestand, hatte ich alle Mühe, um mich irgendwie an den Griffstangen festzuhalten um nicht mit Sack und Pack vorne durch die Windschutzscheibe zu fliegen.

Völlig erledigt und maßlos ausgepowert kamen wir Abends an. In der Kurzfassung: 62 Stunden, 700 Kilometer, 14 Fahrzeuge. Es war Zeit höchste Zeit für den Willkommensdrink im Pool des Strandhauses von Basti und Nadine.

Fun Facts:
  • die lokalen Busse (Chickenbuses) sind ausrangierte alte US-Schulbusse, auf die man überall an der Straße aufspringen kann. In Belize und El Salvador herrscht dort regelrechte Partystimmung, denn die Fahrt ist in ohrenbetäubender Lautstärke mit Musik untermalt. Die akkustische Palette reicht von Reggea bis Celine Dion.
  • im Vergleich zu Honduras sind die Menschen in El Salvador auffallen gastfreundlich, zuvorkommend und hilfsbereit.

Checklist:
  • Achterbahnfahrt auf hoher See
  • 3 Stunden Busfahrt im Stehen
  • Platzkampf im Chickenbus unter Blut und Schweiß und materiellen Verlusten

Samstag, 27. November 2010

Segeln in der Karibik



Mir war hundselend und es war definitiv der schlimmste Morgen meiner Erkältung. Unpassenderweise stand heute jedoch unser heiß herbeigesehnter Schnorchelausflug auf dem Programm. Für den darauffolgenden Tag war ein Wetterumschwung mit starkem Regenfällen angekündigt, so dass dies unsere letzte Möglichkeit war, eines der schönsten Tauch- und Schnorchelreviere der Karibik zu erleben. Nach unzähligen Verwindungen im Bett und einer verbrauchten Klopapierrolle für die verstopfte Nase, beschloss ich es auf die harte Tour anzugehen und der Sommergrippe auf hoher See den Garaus zu machen. In dieser Entscheidung bestärkte mich auch die nette Frau vom Fruitshop, bei der ich mich mit mehreren Litern Orangen- und Wassermelonensaft eindeckte. Sie sagte: "saltwater is good against cold." So sollte es sein.

Um 10 Uhr die Segel wurden gehisst und wir segelten mit unserer beschaulichen Schnorchelgruppe stundenlang durch das Riff. Es war ein Traum. Svenja und ich verbrachten die meiste Zeit ganz vorne am Bug des Bootes und genossen das lautlose gleiten durch das kristallklare Wasser, die salzige Brise in den Haaren, während wir die Füße ins Wasser baumeln ließen. Besser geht es fast nicht.
Über den Tag verteilt hielten wir an 3 auserlesenen Schnorchelstops an, wo wir dann jeweils ca 1 Stunde im Wasser verbrachten. Fische und Korallen in allen Farben waren da zu sehen und meine Erkältung war schnell vergessen. Das absolute Highlight unseres Tagesausfluges war der zweite Stop. Gleich mit dem ersten Blick auf den Meeresgrund schwammen da ein gutes Duzend Rochen umher. Und keine 5 Sekunden später erspähten wir auch schon den ersten Hai. Am Ende schwammen wir in mitten Haien, Rochen Schildkröten Muränen und waren absolut überwältigt. Bei den Haien handelte es sich übrigens um die so genannten Nursesharks, die relativ ungefährlich und bei weitem nicht so aggressiv sind wie andere Artgenossen. Am Ende waren es aber dennoch Haie und vor allem bei den größeren Exemplaren waren wir voller Respekt und beobachteten aus der Ferne ehrfürchtig die Anmut dieser Geschöpfe.
Reich an Eindrücken trat unsere Crew pünktlich zum Sonnenuntergang die Heimreise an. Unterwegs schank uns der Kapitän diverse und an der Zahl nicht wenige Rum-Punschs aus und spätestens zu diesem Zeitpunkt ging mein Plan völlig auf und meine Erkältung hatte nichts mehr zu melden.
Zum glorreichen Tagesabschluss gab es zum Abendessen den obligatorischen Lobster mit Kartoffelbrei, Knoblaubrot, Reis und Schokoladenkuchendessert.

Fun Facts:
  • mehr noch als vom Tourismus lebt die Insel vom Lobsterfang. Ein komplexes Ökosystem gewährleistet deren Bestand. Die Lobsterbrut wird in den Mangroven gelegt. Von dort aus wandern sie in das nahe Seegras, in dessen Schutze sie aufwachsen. Später dann, wandern sie hinaus ans Riff, wo sie schlißlich gefangen werden.

Checklist:
  • geschnorchelt mit Haien, Rochen und Schildkröten
  • durch die Karibik gesegelt

Weiße Strände, schwarze Biester



Der Tag fing nicht gut an. Zunächst hatte es sich bewahrheitet, dass mein Halsweh der vergangenen Tage tatsächlich der Vorbote war für eine ausgewachsene Sommergrippe. Diese machte sich bei mir an diesem Morgen in Form von Schnupfen und einem sehr dicken Schädel vorstellig und wich mir in den folgenden Tagen auch nicht mehr von der Seite. Der nächste unliebsame Zwischenfall ereignete sich keine 30 Minuten nach unserer Abfahrt, die übrigens auch heute abermals vor Sonnenaufgang stattfand. Unser Bus hatte eine Reifenpanne. In Anbetracht der Straßenzustände wunderte mich dies keineswegs. Die Frage war nie, ob uns so etwas jemals passieren würde, die Frage war nur wann? Es dauerte seine Zeit, bis der Schaden wieder behoben war. Ungefähr genau so lange, wie der umständliche Grenzübertritt nach Belize. Schließlich und endlich erreichten wir aber doch noch irgendwann Belize City an und freuten uns, als wir dort auf das Expressboot springen konnten, das uns in die Karibik bringen sollte.

Wir schnalzten vor Glück, als wir nach einer Stunde Bootsfahrt ankamen auf Caye Caulker. Die Karibikinsel unserer Wahl bot so ziemlich alles, was man sich unter einem Traumurlaub so vorstellt. Strahlend weiße Strände, türkis leuchtendes und lauwarmes Wasser, dazu eine erstklassige Mangroven- und Palmenkulisse, Seafood, fruchtige Cocktails, Reggea Musik und auschließlich humorvolle und gut gelaunte Menschen mit Rastazöpfen. Am liebsten mochte ich den Kollegen, der den ganzen Tag mit seinem Fahrrad die Insel rauf und runter fuhr und der Welt verkündete, wie sehr er seine Frau liebt.
Die Insel ist ein Traum! Wir mussten uns immer wieder kneifen, an welchem Ort wir hier gelandet waren und konnten jeden morgendlichen Blick von unserem Balkon hinunter auf das kristallklare Wasser kaum fassen. Es war unsere lang herbei gesehnte und pure Erholung bei tropischen Temperaturen - Karibikfeeling.

Eine Sache allerdings gab es, die diesen Ort daran hinderte, das Paradies auf Erden zu sein: Sandflies. Sandflies sind die Ausgeburt der Hölle. Die winzigen Bestien sind derart klein und leicht, dass man erst Notiz von Ihnen nimmt, wenn sie bereits in einen hineingebissen und ihre unbarmherzig juckenden Spuren hinterlassen haben. Über Autan lachen die Viecher nur. Da müssen schon härtere Geschütze aufgefahren werden. Zum Beispiel Mückenschutz mit 30% "Deet", dem Bestandteil den Insekten hassen. In Deutschland würde eine solche Dosis vermutlich in die Kategorie Biowaffe fallen, hier aber ist es der einzige Ausweg. Leider erfuhren wir davon erst am letzten Tag und waren während unserem Aufenthalt übersäät mit unzähligen kleinen, fiesen, roten Bissen.

Ein wenig trostreich war es, dass auch die Einheimischen nicht verschont werden. Die nehmen es eher gelassen und sagen, dass die Sandflies die köperliche Ertüchtigung und Dehnbarkeit fördern. Denn nur allzu oft schlägt man hier mit wilden Armen rudernd um sich und strengt die komischsten Verrenkungen an, um an die Juckstellen zu kommen. Als wir zum Abschied auf der Insel unseren letzten Banana Pancake verdrückten setzte sich ein Einheimischer zu uns und gab uns seine guten Wünsche mit auf den Weg. Er entschuldigte sich dafür, dass er momentan kein Abschiedsgeschenk für uns dabei habe, wir sollten aber als Souvenir auf jeden Fall ein paar hundert Sandflies mitnehmen, von denen gäbe es hier genug und niemand würde sie vermissen.

Fun Facts:
  • Caye Caulker hat ca. 1600 Einwohner. Zur Hochsaison kommen dann ca. 2000 Touristen hierher.
  • auf der Insel gibt es drei Straßen, in Längsrichtung: die Front Street, die Middle Street und die Back Street
  • der Hurricane Hattie hat 1961 eine Schneise in die Insel gehauen. "The Split" ist heute der beliebteste Strand auf der Insel


Checklist:
  • gegen Sandflöhe gekämpft und verloren
  • frischen Lobster gegessen
  • Sommergrippe

Dienstag, 23. November 2010

Sonnenaufgang über dem Dschungel



Fünf gigantische Tempel erheben sich im Norden von Guatemala über den Dschungel und lieferten uns ein unvergessliches Erlebnis. Die Rede ist von der Ruinenstadt Tikal, eine der bedeutendsten Städte der klassischen Maya-Periode. Das spektakuläre an Tikal sind nicht nur die sagenhaften Bauten sondern vor allem auch ihre Lage mitten im Dschungel. Wir sind um 4 Uhr in der Früh dort hin aufgebrochen, um den Sonnenaufgang mit erleben zu können und um die Legionen von Touristen zu vermeiden, die zur Mittagszeit über die Ruinen herfallen.

Das Gelände ist riesig und erst nach über einer halben Stunde Fußmarsch gelangten wir zu unserem ersten Etappenziel, dem Tempel IV. Dieser ist mit 64 Metern das höchste Gebäude von Tikal und wir wollten es uns nicht entgehen lassen, dort die noch vorhandene Ruhe über den grünen Baumdächern des riesigen Nationalparks aufzusaugen. Nach einigen schweißtreibenenden Stufen gelangten wir schließlich auf die höchsten Ebene des Tempels und waren einfach nur überwältigt von dem Frieden und der ungeheuerlichen Weite des Urwaldes, der sich plötzlich in einem großartigen Panorama vor uns auftat. Wir trauten uns kaum zu flüstern, um auch ja keinen Ton der frühmorgendlichen Urwaldgeräusche zu verpassen, die unter und über den Baumwipfeln hinweg hallten.

Eine gute halbe Stunde voller Staunen und Demut verging, bis dann am akkustischen Horizont die ersten geführten Gruppen zu hören waren. Zeit für uns weiter zu gehen, um den Rest der Ruinenstadt zu entdecken. Während unserer kleiner persönlichen Indiana Jones Expedition fragten wir uns immer wieder, wie es wohl gewesen sein muss ohne Bagger und Betonmischer, all diese Pyramiden, Paläste, Tempel und Türme dort hin zu bauen, wo vorher nur unwegsamer und undurchdringbarster Urwald war. Unvorstellbar.

Mit am beeindruckendsten war schließlich das Gefälle von Tempel V, den man nur erklimmen konnte, wenn man sich traute eine nahezu senkrechte Holzleiter nach oben zu klettern. Definitiv nichts für Leute mit Höhenangst. Um die Angelegenheit noch furchteinflößender zu machen, gab sich in der Nähe ein Duzend Brüllaffen ein Stelldichein. Wer Brüllaffen noch nie vorher gehört hat könnte auch glauben, dass die Geräusche von dem Endkampf zweier Ungeheuer stammen, die direkt der Unterwelt entrannt sind. Wir wussten jedenfalls von nun an, wer die Herren im Revier sind und machten uns langsam auf den Heimweg.

Zurück in Flores wartete auf uns der obligatorische Sprung in den See sowie ein kolossal großer Erdbeershake, in unserem feinen Hostel. Alles was man eben braucht, um sich von so einem Tag zu erholen.


Fun Facts:
  • einige Tempel in Tikal sind so arrangiert, dass sie aus der Luft betrachtet die Form des großen Wagen ergeben.
  • die ersten Siedlungen von Tikal entstanden bereits 1000 v.Chr., der Bau der Stadt eigentlichen Stadt begann im 7. Jahrhundert.
  • wenn man zwischen den zwei Tempeln auf dem großen Platz in die Hände klatscht, hört es sich an, wie das Geräusch, das ein für die Gegend typischer Vogel von sich gibt.

Checklist:
  • Sonnenaufgang überm Dschungel
  • Affen gesehen

Montag, 22. November 2010

Es weihnachtet schon sehr in Guatemala!



Früh morgens um 6 Uhr rollten wir los in unserem fünf Sterne Komfortbus, der neben Nackenstützen auch auf jeden weiteren lästigen Ballast verzichtete. Das Tagesziel lautete Flores/Guatelmala, mit einer Entfernung von ca. 250 Kilometer Luftlinie. Die Strecke bestand größtenteils aus einer nicht asphaltierten, regenverwaschenen und damit unsäglichen Schlaglochpiste. Am Ende benötigten wir für die Holperrutsche insgesamt stolze 10 Stunden. Immerhin gab es auf dem Weg eine spannende Halbzeitpause. Grund dafür war der Fluss, der die Grenze zwischen Mexiko und Guatemala bildet. Unpraktischerweise liegen die an den Fluss mündenden Grenzstraßen der beiden Länder kilometerweit auseinander. Um von einem Land in das andere zu gelangen, müssen deshalb alle Grenzgänger mit kleinen Booten hin und und hergefahren werden. Auf diese Weise kamen wir völlig unverhofft zu einer beeindruckenden, einstündigen Bootsfahrt mitten durch den mexikanisch-guatemalischen Urwald.

Unser Tagesziel Flores war ein Ministädtchen, das sehr beschaulich im Petén Itza See gelegen ist. Flores ist lediglich durch eine Straße mit dem Festland verbunden und hat einen Durchmesser von ca. 400 Metern. In anderen Worten, man kann in 10 Minuten einmal komplett rund herum laufen. Es wird mir wohl auf alle Zeiten unerklärbar bleiben, wie das örtliche Taxiunternehmen seine Umstätze generiert.

Ungefähr genau so unerklärlich wie die Tatsache, dass am zweiten Abend unseres Aufenthalts im Kern des Örtchens auf dessen Multifunktionsplatz (Basketballfeld, Marktplatz, Konzert- und Festgelände,..) der Weihnachtsbaum eingeweiht wurde - am 13. November! Die Festlichkeiten waren ungefähr vergleichbar mit dem Eröffnungspiels einer Fußball Weltmeisterschaft im eigenen Land. Fressstände, Feuerwerk, Merchandiseshops, Live-Band und die gesamte Bevölkerung auf diesem einen Platz. Mein Lieblinsgfeature an dem 6 Meter hohen Maschendrahtkegel, der mit grünem Lametta zu einem Weihnachtsbaum verwandelt wurde, war der "Weihnachstern". Dieser war nämlich eine große Leuchtreklame der lokalen Bierbrauerei, die den Weihnachtsbaum samt Festival offensichtlich großzügig sponsorte.
Die ultimative Weihnachtsstimmung zauberte schließlich die Band herbei, welche die ganze Palette gemeiner Weihnachtslieder rauf und runter trompetete, gesund durchmischt mit diversen lokalen La Bamba und Lambada Hits. Es weihnachtet sehr.

Checklist:
  • Schiffsfahrt im Fluss
  • auf Weihnachtsbaum-Party getanzt

Sonntag, 14. November 2010

Alarm im Wald

Kleingehacktes bei den Pyramiden



Ganz ungewohnt startete der erste Teil unserer 18-stündigen Mamutetappe nach Palenque. Wir saßen nämlich in einem absolut erstklassigen Luxusbus. Sitze, die Betten gleichen, ausfahrbare Bildschirme, Snacks und Getränke, getrennte Toiletten und heißes Wasser an Bord, für den Fall, dass man sich unterwegs ein kleines Süppchen kochen will. So konnte es weiter gehen. Ging es aber nicht. Der Komfortspaß endete leider bereits nach 3 Stunden, als wir in Mexico City in einen anderen Bus umsteigen mussten für die bevorstehende Nachtfahrt. Dieser Bus hatte ca. 300 Sitze mehr eingebaut als der Luxusbus. Entsprechend klein waren diese dann auch geraten. Zu unserem Unglück saßen wir in der Reihe genau hinter dem Busfahrer, direkt über den Vorderrädern. Das bedeutete, dass jedes der unzähligen "Speedbumps" und Schlaglöcher direkt zu uns durchschlug. Außerdem hatten Wir hatten ungefähr überhaupt gar keine Beinfreiheit und wir verpassten kein Ton des hysterisch trompetenden Radios. Eine Nacht, die keine war.
 
Im wahrsten Sinne des Wortes gerädert kamen wir morgens um 5 Uhr in Palenque an. Komischerweise erholten wir uns aber relativ schnell wieder und konnten direkt nach dem Einchecken , unseren Tagesauftrag angehen: die Besichtigung der Ruinen von Palenque. Eines steht fest, der Trip hierher hat sich mehr als gelohnt. Mitten im Dschungel steigen die riesigen Steinpyramiden der einstigen Mayastadt empor. Über zwei Quadratkilometer verteilt sich die Anlage, die im 5. Jahrhundet erbaut wurde. Wir waren total begeistert und erklommen jede einzelne Pyramide. Nach mehr als fünf Stunden rumtempeln, machten wir uns wieder auf den Nachhauseweg und wanderten entlang der glasklaren Wasserfallkaskaden zurück zur Straße, wo uns schließlich einer der zahlreichen "collecivos" (kleine Minibusse) aufsammelte.

Ein weiteres großartiges Highlight erwartete uns dann unmittelbar vor unserem Guesthouse. Dort war gerade eine Blattschneiderameisenkolonie, eine zwei Meter hohe Gartepalme in Kleinholz zu verwandeln. Es war wirklich ein unbeschreibliches Naturschauspiel, wie diese kleinen Arbeiter die Palmblätter in Bruchteile zersägten, um diese schließlich entlang einer wahrhaftigen Autobahn zurück in ihren Bau zu transportieren. Im Vergleich zu ihrer Körpergröße wirken die transportierten Blattstücke dabei wie gigantische Segel. Eine Seite der Palme war bereits komplett zerhackmetzelt, als dem ganzen dann durch den Hostelhausmeister ein jähes Ende gesetzt wurde. Dieser verstreute eine nicht unbeachtliche Menge an giftigen Pulver. Es war irgendwie grausam, mit anzusehen, wie die Arbeit von einer halben Million Lebewesen, innerhalb einer Minute zunichte gemacht wurde. Andererseits, wäre von dem Garten wohl auch nicht mehr allzu viel übrig geblieben, hätte man das Heer weiter walten und schalten lassen.

Fun Facts:
  • Palenque gehört seit 1987 zum UNESCO Weltkulurerbe
  • eine Kolonie Blattschneiderameisen kann pro Tag soviel Vegetation schneiden wie eine ausgewachsene Kuh frisst. Jährlich erntet eine durchschnittliche Kolonie Blattschneiderameisen 35 t Laub. (Quelle Wikipedia / http://de.wikipedia.org/wiki/Blattschneiderameisen)

Checklist:
  • Mayatempel bestiegen
  • Blattschneiderameisen gesichtet
  • schlaflose Nacht im Bus
  • in Hängematte gelegen

Samstag, 13. November 2010

Pulver gegen Eifersucht

Wäre es nicht toll, wenn es ein Mittelchen gäbe, nach dessen Einnahme man garantiert einen geeigneten Partner finden würde? Oder ein anderes Mittel, mit dem man schnell zu Geld kommen würde? Gibt es! Beim Einkausbummel durch die Markthallen von Celaya habe ich einen wahren Schatz gehoben. Pülverchen, die keinen Wunsch unerfüllt lassen. Glaubt man an Ihre Wirkung, so geschehen sich die tollsten Dinge. Hier meine persönlichen Lieblingspulver samt Packungsbeilage.

Pulver für einen schnellen Geldsegen.

Donnerstag, 11. November 2010

Zuhause in Celaya



Selbst mit Reiseführer hätte sich an dem nächsten Reiseziel nichts geändert, denn es stand schon seit längerem fest: Celaya. Die Stadt, die etwa 3 Stunden entfernt liegt von Mexiko City, wirkt auf den ersten Blick beschaulich. In echt wohnen dort aber knapp eine Million Menschen. Einer von ihnen ist Eduardo Raminez. Eduardo habe ich vor etwa zwei Jahren in einem Londoner Backpacker kennenlernte. Und wie es so ist, in Zeiten sozialer Online-Netzwerke, man bleibt in Kontakt. In diesem Falle offenbar ausreichend, dass Eduardo auf mein Facebook Experiment aufmerksam geworden ist und mich spontan zu sich nach Hause einlud, als er von meiner Reise erfuhr.

Doch es war weit mehr als nur eine Einladung. Eduardo und seine Familie taten wirklich alles dafür, dass wir uns zuhause und wohl fühlten: Stadtführungen, Ausflüge in die Umgebung, Wäsche waschen, Essenseinladungen, Einkäufe, Willkommensgeschenk - es war unglaublich. Wir wurden wirklich großzügigst beherbergt und abermals wurde es uns verwehrt, uns zu revanchieren. Es blieb uns nur die Raminez' einzuladen, irgendwann uns in Deutschland besuchen zu kommen.

Es gab drei Dinge, die mich bei unserem Aufenthalt in Celaya am meisten beeindruckten. Allen voran das Familienleben der Raminez'. Die ganze Familie wohnt unter einem Dach - Vater, Mutter, Bruder, Cousine und eben auch Eduardo mit seinen 28 Lenzen. Er sagt, in Mexico sei es absolut üblich, dass die Kinder sehr lange bei ihren Eltern wohnen, meist bis zur eigenen Ehe. Anders wie in Europa, leide man hier keineswegs unter einem schlechten Ansehen, wenn man lange zu Hause wohne. Im Gegenteil - es sei Normalität, so lange wie möglich mit seiner Familie zusammen zu wohnen. Im Fall der Raminez' geht es aber sicherlich auch über die mexikanische Normalität hinaus. Denn die Familie wohnt nicht nur zusammen sondern arbeitet auch zusammen. Im Fotoladen des Vaters hat jeder seine Aufgabe. Das Hauptgeschäft des Familienbetriebs liegt in Schulfotos, Hochzeiten und anderen Festanlässen, an denen es hierzulande keinen Mangel gibt. Der Papa fotografiert, Mama hält die Leute bei Laune und regelt die Buchhaltung und die Brüder machen die Nachbearbeitung am Computer, Rahmungen, usw. Ein eingespieltes Team - zuhause, wie im Geschäft. Beeindruckend.

Auf eine andere Art beeindruckend war die Kathedrale im benachbarten San Miguel de Allende, die wir bei einem Tagesausflug besichtigten: Sagrada Familia in klein aber schöner ausgeleuchtet, lautet mein Fazit. Die Bilder weiter unten erklären wahrscheinlich am Besten, was ich meine.

Und zu guter letzt gab es in Celaya diese Pülverchen. Pülverchen für die Liebe, Pülverchen gegen Eifersucht, Pülverchen gegen Vergesslichkeit, Pülverchen für einfach alles. Vorausgesetzt, man glaubt daran. Dass die Menschen in Celaya sehr gläubig sind, zeigt sich alleine schon an den zahlreichen religiösen Figuren die ins Stadtbild integriert sind. Überall leuchten und funkeln kitschige Madonnen, und an jeder zweiten Ecke steht ein Heiligenschrein. Auffallend häufig entdeckte ich aber auch dämonische Figuren, die eine Mischung aus Religion und Heidentum darstellen. So zum Beispiel das Skelett der Santa Muerte, die hier in der Bevölkerung einen großen Stellenwert hat. Ebenso wie die besagten Pülverchen, an deren Wirkung viele Menschen hier allen Ernstes (aber)glauben.

Fun Facts:

Zum 100-jährigen Jubiläum und als Zeichen des Fortschritts der Unabhängigkeit wurde in Celaya eine Wasserkugel gebaut, der heute noch das Wahrzeichen der Stadt ist. Die Kugel wurde übrigens von einer deutschen Firma hergestellt.
In Celaya gibt es eine symphathische Bar, in der man umsonst mit Essen zugeschüttet wird, sobald man Bier trinkt.
Cajeta heisst eine kulinarische Spezialität aus Celaya und ist vergleichbar mit flüssiger Peanutbutter, die man sich aufs Brot und auf diverse Süßwaren gießen kann.


Checklist:

  • beklaut worden
  • auf Kirchturm geklettert
  • Sombrerohut getragen

    Fußabdrücke

    Der nette Mann vom Freiburger Kartenladen war es, der mir wärmstens den Footprint Reisführer von "Central America" ans Herz legte. Mal was anderes als der Lonely Planet. Mehr Seiten habe er auch und sowieso sei er viel ausführlicher. Das Hauptargument aber war, dass im Gegensatz zu allen anderen Übersichtswerken hier auch Mexiko mit abgedeckt sei. Wer will bei all den guten Argumenten da noch Zweifel haben? Ich ließ mich also auf den Deal ein und kaufte das Nachschlagewerk eines für mich bislang unbekannten Reiseführerherstellers. Neuland. Zugegeben, ich war anfangs etwas skeptisch, ob ich mich wohl genau so schnell darin zurecht finden würde wie in den mir bekannteren Reiseführern.
    Doch all meine Skepsis war unberechtigt, denn alles Wichtige steht in dem Footprint ausführlich beschrieben, ist schnell zu finden und mit gutem Kartenmaterial ergänzt. Ich hatte also einen guten Kauf getätigt.
    Das einzig Ungeschickte an dem Footprint ist, dass sie schnell geklaut werden. So wie mein Exemplar gestern am Busbahnhof. Eine einzige unaufmerksame Sekunde und es war passiert. Gerade einmal zwei Tage hatte ich das gute Stück in Betrieb. Jetzt leider nicht mehr. Suboptimal. Ich habe mich nicht ganz unerheblich über das Abhandenkommen aufgeregt und konnte micht nicht zurückhalten, den ganzen Busbahnhof entsprechend aufzumischen. Von der Putzfrau bis zum Security Männchen, alle waren am Ende involviert, den corpus delicti wieder aufzuspüren. Sogar ein Ausruf über den Bahnhofs Lautsprecher wurde veranlasst. Es half alles nix. Fußabdrücke wurden leider keine gefunden. Ab jetzt muss die Reise in der Planung leider etwas blanker durchgeführt werden.

    Montag, 8. November 2010

    Winter in Mexico




    27 Stunden Busfahrt sind immer wieder kein großer Spaß. Immerhin hat man mit den Reisejahren aber ein bischen Erfahrung gesammelt und weiß zum Beispiel, dass man grundsätzlich auf Eiszeit eingestellt sein sollte. Es ist schon irgendwie paradox, dass wir bei den bisher heißesten Außentemperaturen die wärmsten Klamotten tragen mussten. Denn wie so oft kannte auch unser Bus kein Mittelmaß. Bei arktischen Aircon-Temperaturen musste tatsächlich meine Alaskagarderobe herhalten, um die Körperkerntemperatur und die lebenserhaltenden Organe in Betrieb zu halten. Hinzu kam, die ohrenbetäubende Dolby Suround Unterhaltung. VOn hinten kreischende Kinder. Von vorne der 27 Stunden Dean Martin Video Marathon auf Spanisch. Ich sagte es bereits - kein Spaß.

    Entsprechend gerädert kamen wir irgendwann im nächtlichen Mazatlan an, bummelten noch einmal ein müdes Ründchen durch die piktoreske Altstadt und brachen dann in unseren Betten zusammen. Der nächste Tag hätte prinzipiell schön werden können. Sonnenwetter vom Feinsten, ein Pool im Innenhof und die Burrito Bude um die Ecke. Dummerweise hat allerdings ein guter Bekannter einen Besuch bei mir abgestattet: Montezuma, die alte Wurst, hat es offensichtlich auf mich abgesehen. Es scheint fast so, als wäre ich die Zielperson Nr. 1 für seine unbarmherzige Rache. Auf jeden Fall hat er noch nie lange gebraucht, um mich zu finden wenn ich auf Reisen bin.

    Wir haben es uns trotzdem nicht nehmen lassen, ein wenig die Stadt und vor allem den bekannten Surfspot Cerridos abzuchecken. Es standen ein paar wilde Stadtbusfahrten an, bevor wir dort ankommen sollten. Einer unserer Busfahrer wurde sogar von der Policia rausgewunken und kassierte spontan einen Strafzettel. Ich habe zwar nie genau herausgefunden für was, aber Gründe vielen mir genügend ein. Am Strand angekommen mussten wir feststellen, dass wir wieder kein allzugroßes Glück hatten, was die Wellen anging. Das was in San Diego zu viel war, war hier zu wenig. Mittelmeerstimmung anstatt Wellenreiten. Doch für mich und meinen zerschossenen Magen, war es wohl das Beste so. Außerdem genossen wir noch einen richtig schönen Sonnenuntergang bei Cola und Zwieback - in Mexico!!

    Fun Facts:
    • das beliebteste Fortbewegungsmittel in Mazatlan sind die so genannten Pulmonias, die aussehen wie aufgemotzte Golfwägen.
    Checklist:
    • Montezumas Rache auf mich gezogen
    • Cerveza getrunken
    • am Pool gesessen
    • Cucarachas im Hostelzimmer geortet

    Sonntag, 7. November 2010

    California Dreaming




    Unsere Freunde aus Seattle verschafften uns die nächste und damit letzte Schlafmöglichkeit in den vereinigten Staaten. Laurens Schwester wohnt nämlich in San Diego, nur 30 Kilometer entfernt von der mexikanischen Grenze, der optimale Ausgangsort für unsere letzten Stunden in Kalifornien. Kate, so hieß die Schwester, und ihre Mitbewohnerin Lisa nahmen uns genau so herzlich auf, wie die Verwandschaft in Seattle. Zudem wohnten die beiden direkt am Meer, am Ocean Beach. Ich frage mich langsam, ob es auch Leute gibt, die nicht direkt am Meer wohnen? Uns sollte es recht sein.

    Ocean Beach, ist all das, was man sich unter einem kalifornischen Surferort vorstellt: Bikinis, Muskeln, Wellen, abegfahrene Autos und Bier. Es ist auffallend, wie viele Kneipen hier aneinandergereiht sind. Kate verriet uns, dass sie sich manchmal nicht sicher sei, ob hier überhaupt jemand arbeiten würde.

    Ein wenig Pech hatten wir dieses Mal mit den Wellen. Diese waren so gewaltig und brachial, dass wir leider nicht den geplanten Surftag Nr. 2 einlegen konnten. Erst kurz vor Sonnenuntergang wagten sich einige mutige und geübte Surfer in die Wogen, direkt neben und unter dem Pier und zogen ein staunendes Publikum an - auch uns.

    Das Abendprogramm bestritten wir auf dem Farmer's Market, ein Trödelmarkt mit Bands und guten Vibes. Als unser letztes Abendmahl in den USA verleibten wir uns noch einen der legendären Hoodad Hamburger ein. Dann hieß es Abschied nehmen und Rucksäcke packen für Mexico.


    Donnerstag, 4. November 2010

    We love cars!




    Die Allzweckwaffe im amerikanischen Internet heißt "Craigs List". In dem online Kleinanzeigenmarkt gibt es angeblich alles - vom afrikanischen Elefanten bis zur nuklearen Mittelstreckenrakete. Unter anderem findet man dort auch Mitfahrgelegenheiten. Zwar kommt es nicht annähernd an das gängige deutsche Nischenportal heran, aber ab und an landet man bei seinen Wunschdestinationen tatsächlich einen Treffer. Unser Treffer hieß Nicholas und er nahm uns mit von Santa Cruz bis nach Santa Barbara, von wo aus wir den Zug nehmen wollten nach L.A.
    Die spannende Frage war, ob wir den Zug auch tatsächlich erwischen. Den Wettkampf konnten wir leider sehr lebhaft mitverfolgen, zumal wir unseren Zug immer mal wieder von dem Highway aus sehen konnten. Am Ende hatten wir 15 Minuten Vorsprung, gerade noch rechtzeitig um uns ein Ticket zu kaufen.

    In L.A. holte uns schließlich mein ehemaliger Freiburger Mitbewohner Dan am Bahnhof ab und brachte uns in sein Beach Appartment, direkt am Strand von Long Beach. Von dort hatten man einen herrlichen Ausblick auf den Strand und auf die drei vorgelagerten Bohrinseln, die mehr oder weniger als Ferienanlagen getarnt wurden. Die Bohrtürme wurden ummantelt mit Beton und blauen Fassaden und auf den Inseln wurden eigens Palmen gepflanzt. Aus den Augen, aus dem Sinn.

    Das typische Touri-Programm bestritten wir, wie sollte es in L.A. anders sein, im Auto. Die Stadt ist riesig und entsprechend weit auseinander liegen die besichtigungswürdigen Ziele. Venice Beach, Malibu Beach, Beverly Hills, Walk of Fame, Hollywood Signs... Und dazwischen lagen gefühlte 2500 Kilometer auf 8-spurigem Highway. Das Auto ist das Zentrum, der Mikrokosmos, das letzte Refugium in einer Stadt, wo bettelarm und stinkreich teilweise nur zwei Häuserblocks voneinander entfernt liegen. Mit dem Auto ist alles zu erledigen. Supermarkt, Fast Food, Kino, Apotheke für nahezu alles gibt es ein "Drive-in". Als Fußgänger fühlt man sich irgendwie auf verlorenem Grund und in der Unterzahl. Der einleitende Satz in einem Los Angeles Reiseführer, den ich bei Dan fand fasst das Phänomen zusammen: we love our cars! Dan passte sich ganz den örtlichen Begebenheiten an und die erste Amtshandlung nach seinem Umzug nach L.A. war der Kauf eines Autos, eines Navigationsgerätes und einer Parkerlaubnis.

    Meinen alten Freund und Mitbewohner zu treffen tat gut. Gute Freunde, gute Gespräche, ein Stück Heimat in einem Moloch. Mir wurde wieder einmal klar, wie viel wert es ist, Anlaufstationen im Leben zu haben, bei denen zu jeder Zeit alles so ist, als wäre man nie weg oder auseinander gewesen. Konstanten.

    Während Dan an der Uni arbeite konnten wir ein wenig durchschnaufen und Kraft tanken, für die Dinge, die da kommen. Außerdem hatten wir Gelegenheit für einen Besuch bei Dr. Smole. Der Zahnarzt in Hawaihemd überprüfte die Ursachen für Svenjas Zahnweh, welches sie schon seit ein paar Tagen plagte. Befund: eine abklingende Nebenhöhlenentzündung - harmlos. Grünes Licht für unsere Weiterreise nach Mexico.


    Fun Facts:
    • 1 Liter Wasser ist teuerer als 1 Liter Sprit.
    • Essen gehen ist billiger als selber kochen.
    • auf den meisten Highways gibt es die so genannte "Car Pool Lane", eine eigene Fahrspur, auf der nur Autos fahren dürfen in denen 2 (!) oder mehr Mitfahrer sitzen. Die Spur ist auch gerne mal leer.
    • Los Angeles hatte einst angeblich ein gut ausgebautes Schienennetz. Bis zu dem Zeitpunkt als General Motors nd Chryssler es aufkauften und es zerschligen um damit den Absatzmarkt für Autos anzukurbeln. (Quelle: Dan und Wikipedia - Great American Streetcar Scandal)

    Checklist:
    • kurze Hose und Flip Flops reaktiviert
    • im Beachhouse gwohnt
    • im Hooters ein Pitcher Budweiser getrunken
    • auf 8-spurigem Highway gefahren
    • mit der Metro nachts durch Compton gefahren
    • auf dem Walk of Fame in Harrison Fords Fußstapfen getreten
    • am Strand gechillt
    • guten Freund besucht




    Batman vs. Ballack




    Eigentlich war unser Plan, direkt von San Francisco nach L.A. zu reisen, aber bekanntermaßen soll man die Feste feiern wie sie fallen. Anna und Carl, waren unsere schwedischen Bettnachbarn in San Francisco. Die beiden sind unterwegs auf einer Weltreise über 7 Monate und haben sich in Californien ein Auto gemietet. Sie boten uns an, mit Ihnen bis nach Santa Cruz zu fahren. Gebongt!

    Mit 2 Stunden Reisedauer war diese Strecke zwar vergleichsweise kurz, aber dafür außergewöhnlich schön - auf dem schlängelnden Highway 1 entlang einer grandiosen, zerklüfteten Küstenlandschaft mit tollen Ausblicken aufs Meer.

    In Santa Cruz hatten wir abermals das große Glück bei Freunden von Freunden übernachten zu dürfen, die von unserer Reise mitbekommen haben. Lauren und Derek hießen unsere großartigen Gastgeber, die uns sofort den größten Wunsch von den Lippen ablasen: Wellenreiten. Wir waren schließlich in Santa Cruz, einer der ganz großen Surf- und Skateorte in Californien. Surfbretter, Neoprenanzüge und Booties, alles stellten uns die beiden zur Verfügung und wir freuten uns wie Bolle, als wir kurz darauf im Pazifik unsere ersten Wellen reiten durften.

    Der nächste Tag stand ganz im Zeichen von Halloween. Bei unserem Streifzug durch die Stadt, stellten wir fest, dass es eigentlich keinen Laden gab, der nicht von oben bis unten vollgestopft war mit Halloweenartikeln. Von abgehackten Köpfen über Spinnweben bis hin zum Jesuskostüm - es gab nichts, was es nicht gab. Doch für die Party, auf die uns Lauren und Derek am Abend mitnehmen wollten, hatten wir einen reichhaltigen Fundus an Kostümen bereit stehen. Die beiden basteln nämlich jedes Jahr in mühevoller Handarbeit ihre eigenen Kostüme für Halloween. Ich hatte die schwere Wahl zwischen Batman und Ballack. In Anbetracht der mangelnden Bewegungs- und Mundfreiheit für die zu erwartende Getränkzufuhr entschied ich mich schlussendlich gegen Batman und für Ballack.

    Die Partylocation war absolut abgefahren. Eine irrsinnige Villa, irgendwo entlegen in den Bergen hinter Santa Cruz. Das ganze Haus war von oben bis unten in Horror dekoriert. Per Lautsprecher jaulten Wölfe, Geister flogen ferngesteuert durch die Villa und überall standen leuchtende Skelette rum. Auf die Party durfte man außerdem keine Getränke und kein Essen mitbringen, weil alles schon da war - umsonst! Halloween rockte. Die Party rockte. Wir rockten.



    Fun Facts:
    • in Santa Cruz gibt es ein Surf Museum
    • wenn man sich in Santa Cruz lange genug im Supermarkt aufhält, findet man auch Batterien mit Spiderman-Logo
    • Halloween ist ein absolutes Happening in den USA. Alle drehen durch und die Straßen sind voll mit Horrorgestalten. Das Ganze dauert insgesamt fast eine Woche, wenn man alle Partys im Vorfeld und im Nachgang mit dazu zählt - vergleichbar mit unserer Fasnach.

    Checklist:

    • auf dem Highway 1 gefahren
    • gesurft am Pleasure Point
    • Pelikane gesehen
    • Halloween gefeiert

    Mittwoch, 3. November 2010

    Endspiel in San Francisco



    Unser bisher längster Reiseabschnitt brachte uns in einem ausgesprochen moderne Amtrak Zug von Seattle bis nach San Francisco. 22 Stunden dauerte die Rutsche aber die Zeit ging erstaunlich schnell vorüber. Vielleicht war es der ungewohnte Sitzkomfort, vielleicht waren es die abwechslungsreichen Mitreisenden - vom San Diego Gangster bis zum deutschen Auswanderer in Alaska war alles dabei. Unser Domizil in San Francisco für die folgenden zwei Nächte sollte das Fort Mason Hostel sein, mit direktem Blick auf die Golden Gate Brücke und auf Alcatraz.

    Das Highlight von Tag 1 war in jedem Fall unsere Fahrradtour über die Golden Gate Bridge. Dieses monumentale Bauwerk ist zurecht ein weltbekanntes Wahrzeichen. Entsprechend imposant war es dann auch, direkt davor zu stehen und vor allemn, es zu überqueren. Ein laues Lüftchen weht dort oben, so viel sei an dieser Stelle gesagt.

    Das raketenmäßige Highlight von Tag 2, spielte sich am Baseball Stadion ab. Denn wie es der Zufall wollte, erreichte das hier ansäßige Baseballteam, pünktlich zu unserem Aufschlag in San Francisco, das Finale der Meisterschaft. Neben dem Superbowl zählt das Baseballfinale zu DEM Sportereignis in Amerika überhaupt. Genau genommen besteht das Finale aus einer Serie an Spielen, aus der die Mannschaft als endgültiger Sieger hervorgeht, die als erstes 4 Spiele gewinnt. Und wie der aufmerksame Leser dieses Blogs es vielleicht schon vermutet hat, fand das Auftaktspiel dieser so genannten "World Series" just an diesem Tag statt.

    Als sportbegeisterter Mensch, durfte ich mir dieses Spektakel natürlich unter keinen Umständen entgehen lassen. Zusammen mit Frederik, einem Kumpel aus Freiburg, der gerade eine postakademische Auszeit in San Francisco macht und mit dem ich mich kurzerhand verabredete, verbrachte ich also den Löwenanteil des Tages direkt am Stadion. Wir hatten den richtigen Riecher und installierten uns an die strategisch optimale Wasserseite des Stadions, Als einziges Sportstadion in den USA grenzt das der San Francisco Giants nämlich genau am Meer. Entsprechend war nicht nur am Boden sondern auch auf dem Wasser WM-Feeling angesagt. Der Clou war, dass sich dort scharenweise Leute einfanden, die auf den ausgefallendsten Schiffchen und Schimmkörpern darauf hofften, einen Ball zu ergattern. Bei einem so genannten "Homerun" bestand nämlich die theoretische Chance, dass der Ball direkt hinter dem Stadion ins Wasser fiel. Am Ende war dem zwar leider nicht so, die Party war dafür um so größer, und das von allen Seiten. Als die Giants ihre Gegner dann auch noch in Grund uns Boden stampften und haushoch gewannen, war die ganze Stadt völlig außer Rand und Band. Und wir mitten drin. Go Giants!!

    Fun Facts:
    • Amtrak fahren macht Spaß: 1.) es gibt massig Platz zum Ausstrecken 2.) An Bord gibt es einen komplett mit Plexiglas verkleideten Aussichtswagen sowie eine Spielhölle (!!) 3.) das Bordpersonal sind wahre Entertainer ("wer raucht, wird vom Zug geschmissen, in Handschellen abgeführt und in ein geheimes Gefängnis nach Osteuropa verschleppt")
    • Das Baseball Stadion hat einen Bereich, welcher Fans vorbehalten ist, die nicht gut betucht sind. Sie haben freien Eintritt für den Bereich. Nach jedem Drittel der Spielzeit wird das Publikum dort ausgewechselt, so dass so viele Menschen wie möglich die Gelegenheit haben ihre Helden zu sehen.
    • Die ganze Stadt riecht nach Gras.
    • Am Pier 39 hat sich eine 200 "Mann" starke Seelöwenkolonie angesammelt, die dort frei leben und ein wahrer Touristenmagents sind. Der Grund ist angeblich ein sehr großes Nahrungsaufkommen in Form von Heringen in der Bucht von San Francisco. Im Winter schrumpft die Truppe zusammen auf ca. 30 Seelöwen.

    Checklist:

    • Radtour über die Golden Gate Bridge
    • World Series live vor Ort miterlebt
    • in der Öffentlichkeit Bier getrunken
    • in einem 24-Bett Zimmer übernachtet
    • Macccaroni und Cheese gegessen





    Montag, 1. November 2010

    Seegang in Seattle




    "Lass nochmal kurz im Internet checken, ob uns jemand von den Couchsurfern eingeladen hat." Wir standen bereits an der Rezeption des Hostels und waren kurz davor für 30 Dollar die Nacht einzuchecken, als Svenja diesen Vorschlag machte. Gesagt, getan. 20 Minuten später stand unser neuer Freund Shawn auf der Matte, um uns in seinem Jeep abzuholen zu sich nach Hause. Eine weitere Couch stand bereit, auf der wir die nächsten 3 Nächte surfen sollten - und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn wie sich noch auf der Fahrt herausstellte, wohnt Shawn nicht wie gewöhnlich in einem Appartment sondern in einem kleinen Segelboot am Ufer des Lake Washington.

    Wir konnten es kaum glauben, aber in dieser Nacht lagen wir tatsächlich in einem kleinen, gemütlichen Segelboot und ließen uns in den Schlaf schaukeln. Shawn, vermutlich einer der lässigsten Typen dieser Stadt, arbeitet für die NGO "World Vision". Im Rahmen seines Jobs ist er die meiste Zeit unterwegs und betreut überall in den USA Events, die sich vor allem mit der AIDS Problematik in Afrika beschäftigen. Ein eigenes Appartment in Seattle lohnt sich für ihn kaum und darum hat er sich vor einem Jahr das Boot gekauft. "Alle glauben, Segeln sei nur etwas für reiche Leute. Aber das stimmt gar nicht. Ich habe das Boot für nur 1000 Dollar gekauft. Es ist zwar alt, aber noch top in Schuss. So kann ich viel billiger leben als wenn ich eine feste Wohnung hätte. Außerdem liebe ich die friedliche Atmosphäre hier und die tolle Aussicht über den Lake Washington." Wenn Shawn spricht, hört sich alles so einfach an. Ich will auch ein Boot.

    Einen Haken hatte das Ganze jedoch. Auf Shawns Boot gab es nämlich leider keine Dusche und lediglich eine handbepumpte Miniaturtoilette. Die tägliche Körperpflege praktiziert Shawn daher in aller Regel in der hauseigenen Dusche bei "World Vision" oder im nahegelegenen Schwimmbad. Gelegentlich schleicht er sich aber auch in den 8. Stock eines noblen Wohnhauses in Downtown Seattle ein, wo eigens für die Bewohner ein Pool, eine Sauna, eine Dampfgrotte und ein Spa bereit stehen. In Anbetracht des Dauerregens in Seattle hörte sich vor allem Letzteres auch für uns über alle Maße verlockend an. Und da Shawn so ziemlich der zuvorkommendste Gastgeber war, den man sich vorstellen kann, nahm er uns auch prompt dorthin mit. Und so schlichen wir also in den besagten 8. Stock und verbrachten unseren zweiten Tag in Seattle hauptsächlich badend- und schwitzenderweise über den Dächern der Innenstadt. Ein Traum.

    Zu Gute kam uns auch, dass Shawn früher einmal als Guide in einem Hostel arbeitete. Wir hatten uns quasi unseren ganz persönlichen Fremdenführer geangelt. Und der hatte offensichtlich große Freude daran, uns all die geheimen Ecken und Insidertips seiner Stadt zu zeigen - ein wirklicher Glückstreffer. Hinzu kommt, dass wir uns  insgesamt einfach blendend mit Shawn verstanden und in ihm einen großartigen, neuen Freund gewonnen haben.

    Geh in eine fremde Stadt. Verlasse sie vertraut und behalte dort gute Freunde. Das ist Reisen.

    Morgen geht es im Zug weiter nach San Francisco.

    Fun Facts:
    • In der Innenstadt von Seattle ist der gesamte Bustransport gratis.

    Checklist:
    • Im Segelboot übernachtet
    • Kurt Cobains Haus gesehen
    • Bill Gates' Heimatstadt aus der Ferne gesehen
    • Erste Starbucks Filiale gesehen
    • Kajak gefahren
    • Gebadet und sauniert im 8.Stock eines Wolkenkratzers
    • Budweiser getrunken
    • Freunde gewonnen