Donnerstag, 6. Januar 2011

Kopfüber in die Karibik



Es war das Paradies. Um 6 Uhr wachte ich auf weil mir ein wenig kalt war. Ich hatte an Deck geschlafen, wie die meisten von uns. Meinem ersten zerknitterten Blick über die Reling mochte ich kaum Glauben schenken und richtete mich auf, reckte und streckte mich und rieb mir die Augen. Doch auch die vom Müdigkeitsschleier befreiten Augen projezierten ein unverändertes Panorama auf meine Netzhaut. Mein Herz geriet in Wallung, denn der Rundumblick war atemberaubend. Wir lagen geankert in einer kleinen Lagune, die umringt war von einsamen Palmeninseln, wie man sie sich nicht schöner hätte vorstellen können. Das Wasser leuchtete in sieben blauen Farben und war klar wie Kristall. Ein gutes Dutzend anderer Boote lag ebenfalls in den sanften Wasserschaukeln der "Badewanne", wie dieser Ort passenderweise genannt wird.

Nach und nach wachten alle auf und ließen Ihrer Begeisterung in Worten und Taten freien Lauf. Kopfüber in die Karibik - Frühsport in der Badewanne. Es folgte Herzhaftes: Kaffee, Pfannkuchen, Schinken, Spiegeleier und Fruchtshake. Was für ein Start in einen Tag.
Als erste Amtshandlung nach dem Frühstück, schwamm ich erst einmal auf die lockende Trauminsel, die uns die ganze Zeit schon anstrahlte. Gegen die Strömung dauerte es 20 Minuten, bis ich dort ankam. Dann war ich mutterseelenalleine auf einem der schönsten Flecklein Erde, die ich jemals gesehen hatte: 250 Meter Durchmesser, in fünf Minuten einmal komplett rund herum gelaufen, nichts als Kokospalmen und weißer Strand, in der Mitte ein Wasserloch, strahlende Sonne, eine frische Meeresbrise und eine Aussicht von der man am Liebsten nie mehr seinen Blick senken möchte. Gibt es diese Insel zu kaufen? Ich will sie sofort haben! Immer wieder musste ich mir bewusst machen, wo ich gerade war. Nicht oft im Leben gibt es Momente,  in denen man das Gefühl hat, angekommen zu sein. Dieser war einer davon. Ich genoss ihn eine geraume Weile, bevor ich eine kleine Unendlichkeit später wieder meinen Rückweg antrat.

Zurück an Bord, fand ich das Schiff ungewohnt geräumig wieder. Der Kapitän hatte nicht zu viel versprochen. Ich ließ mir berichten, dass die ganze Zeit während ich auf der Insel war, kleine Boote vorbeikamen um die bestellten und heiß ersehnten Güter abzuholen. Ich bekam gerade noch mit, wie zwei amerikanische Weltumsegler ihren bestellten DVD-Player abholten. Dass wir auf einmal mehr Platz hatten, verdankten wir aber vornehmlich der Tatsache, dass sich unser Boot bereits am Vorabend gepaart hatte mit einem anderen Boot, welches ebenfalls dem Kapitän gehört und das Jahr über unbewohnt in der Lagune schwimmt. Wir konnten uns also nun etwas großzügiger verteilen und lesender-, angelnder-, schlafender-, sonnender- und badenderweise dem Karibikalltag fröhnen. Zwischendurch unternahmen wir ein paar kleinere Schnorchelausflüge ans Riff, wo ich wieder alter Bekannte traf: Haie, Rochen, Barracudas, und all die bunten Fischlein, die hierzugegen eben so unterwegs sind. Und das war er, unser Alltag in der Karibik. Zwei wunderschöne Tage lang lagen wie hier auf der Sonnenseite des Lebens und mussten uns immer wieder anstupsen, um all dies zu begreifen.

Auch an den Mahlzeiten gab es nichts auszusetzen und wir speisten stets sehr lecker. Nicht selten gab es selbst Gefangenes. Vor allem die Trophäen unseres angelnden Holländers wurden meist direkt in Fischsandwiches für die Allgemeinheit verwandelt. An einem Abend gab es zur Kröung und quasi als vorgezogenen Weihnachtsbraten einen riesigen Truthahn. Abends saßen wir zusammen und tranken einen Satz eisgekühlter Biere. Es war ein wirklich lustiger Haufen, den wir beieinander hatten und wir verstanden uns alle gut. Wir spielten bis spät Gitarre, erzählten uns Witze und führten angeregte Gespräche. In den Nächten frischte meist der Wind auf und es begann zu regnen. Die Schnarcher wurden dann auf die überdachten Hängematten am Bug des Bootes verbannt. Wir anderen verteilten uns auf die restlichen und halbwegs geschützen Flächen an Bord und schlummerten ein in karibischen Träumen.


Fun Facts:
  • Am ersten Morgn nach unserer Ankunft gab es von einem der Nachbarboote folgende Durchsage über den Bordfunk: "Aquajogging um 9 Uhr hinter dem Boot Dreamcatcher. Wer selbst keine Schwimmnudel hat, kann sich hier welche ausleihen. 9 Uhr - Aquajogging - Dreamcatcher. Over."
  • Kuna Indianer, die auf den Hauptinseln etwas ausgefressen haben werden zur Strafe teilweise bis zu einem Monat lang auf einer einsamen Insel ausgesetzt.

Checklist:
  • in der karibik auf einem Segelboot übernachtet
  • in 5 Minuten quer über eine Palmeninseln gelaufen
  • selbst gefangenen Thunfisch gegessen
  • das Pardies gesehen






























































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