Samstag, 29. Januar 2011

Gipfelsturm auf Machu Picchu



Die letzten Meter waren noch einmal ein Kraftakt. Ich schnappte kurzatmig nach der dünnen Luft und war Völlig erschöpft. Sechs beschwerliche und hochpulsige Kilometer lagen hinter uns, vom Fuße des Machu Picchu bis nach oben, eine Strecke, die fast ausschließlich aus Treppen bestand. In den Reiseführern hieß es, man brauche dafür eineinhalb Stunden. Doch der Blick auf die Uhr verriet, dass wir die 400 Höhenmeter in unter 40 Minuten förmlich hochgerannt waren. Diese Eile hatte seinen guten Grund:

Machu Picchu war der erklärte Höhepunkt meiner Reise und schon seit Tagen machte ich mir bange Gedanken, ob auch alles klappen würde. Der Besuch, dieses einzigartigen Ortes ist nämlich gar nicht so trivial, wie man es in Anbetracht seiner Bekanntheit annehmen würde. Obwohl es überhaupt nicht meinen üblichen Reisegepflogenheiten entspricht, begann ich mit den konkreten Vorbereitungen bereits Tage zuvor in Lima. Denn mein größtes Problem war der Zeitdruck. Langsam wurde es absehbar, dass die Tage des "Roadtrip Panamericana" kürzer würden, die zurückzulegende Distanz bis nach Feuerland aber immer noch unglaublich lange. Ich wollte also keine Zeit verlieren und buchte bereits in der Hauptstadt einen der begrenzten Sitzplätze für den Zug von Cuzco nach Aguas Calientes, dem kleinen Örtchen am Fuße des Machu Picchu. Der Zug ist die einzige Möglichkeit, um dorthin zu gelangen, wenn man nicht eine umständliche und vor allem sehr zeitintensive Kombination aus Bus- und Taxifahrten und langen Fußmärschen auf sich nehmen will. Letztere Variante hätte ich zwar vorgezogen, doch wie gesagt, dafür war mein Kontingent an verbleibenden Reisetagen einfach nicht mehr ausreichend bestückt. Ich hatte keine andere Wahl und kaufte das absurd teuere Zugticket für US$ 105 Roundtrip.

Immerhin, die erste Hürde war genommen und mit dem touristischen Bummelbähnchen, das durch eine grandiose Landschaft tuckerte, kam ich den Sonnengöttern wieder ein Stück näher. Die Nacht vor dem großen Tag verbrachte ich unruhig in einer kleinen, überteuerten Herberge in Aguas Calientes und aß dort ein überteuertes Abendessen bevor ich schließlich die ebenfalls überteuerte Eintrittskarte für den nächsten Tag kaufte.

Dieser begann um 3:30 Uhr in der Früh, als mich mein Wecker für die "Mission Huayna Picchu" aufläutete. Huayna Picchu ist der Berg, den man kennt, weil er auf jeder Postkarte abgebildet ist. Es ist nämlich der Berg, der hinter den Ruinen zuckerhutförmig emporragt und die grandiose Kulisse liefert für diesen majestätischen Ort. Dummerweise können ihn jedoch täglich nur 400 Menschen besteigen und wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Zwei Möglichkeiten: man gesellt sich morgens zu den Heerscharen von Touristen, von denen jeder versucht, ab 5:30 Uhr einen der ersten Busse zu erwischen, oder man gesellt sich zu den 200 Backpackern, die den Weg zu Fuß in Angriff nehmen, in der Hoffnung schneller zu sein als die Busse. Ich tat letzteres. Die ganze Aktion erinnerte mich ein wenig an meine Rennfahrerzeiten im Radsport: Ein Pulk, ein Startschuss, ein Ausscheidungsrennen. Wie die Bekloppten rannten alle los, als endlich um 4.45 Uhr die Brücke über den reißenden Fluss geöffnet wurde, die den Weg nach oben ermöglichte. Ich ging das Tempo mit und schraubte den Berg hinauf, während mein Herz raste und die Beine immer schwerer wurden. Doch die Radsportkilometer machten sich mit zunehmender Dauer des Anstiegs bezahlt und schließlich kam ich kurz nach der Spitzengruppe, die wie sich später herausstellte allesamt aktive Leistungsportler waren, als sechster oben an.



Es war ein atemberaubender Moment, als einer der ersten an diesem Morgen diesen sagenhaften Ort zu betreten. Die Sonne ging gerade hinter mir auf, als ich inne hielt und mir vorstellte, wie hier vor hunderten von Jahren die Menschen, ihre Stadt errichteten und darin lebten. Mir ging ein kalter Schauer den Rücken runter. Noch eine ganze Weile lang lag ein wunderschöner Friede und meine Andacht über Machu Picchu, bevor sich das Areal langsam mit Menschen füllte.

Sich gleichzeitig winzig klein und großartig zu fühlen. Dieses Gefühl beschlich mich, als ich eine Stunde später mit wackeligen Knien den Gipfel von Huayna Picchu erreichte. Die Aussicht von dort oben auf die umliegenden Berge, Schluchten und Täler und der Blick auf die unterhalb liegenden Ruinen waren gigantisch. Ich lauschte meiner Reisemusik und ließ mich ergreifen von einer dieser melancholischen Stimmungen, die ich nur vom Reisen her kenne. Ich bewunderte die Erhabenheit dieser Welt und machte mir bewusst, welch ein Privileg es ist, solche Momente erleben zu dürfen. Eine tiefe Dankbarkeit machte sich in mir breit, dafür dass ich die Sehnsucht nach der Fremde und dem Abenteuer von klein auf in die Wiege gelegt bekommen habe und von zuhause aus stets ermutigt wurde, solche Unternehmungen anzugehen. In diesem Augenblick fühlte ich mich meinen Eltern ganz nah.

Fun Facts:
  • Das um 1450 erbaute Machu Picchu konnte in seiner Blütezeit bis zu 1.000 Menschen beherbergen und versorgen.
  • Täglich besuchen durchschnittlich 2.000 Personen die Sehenswürdigkeit.
  • Machu Picchu bedeutet übersetzt "alter Gipfel", Huayna Picchu "junger Gipfel."

Checklist:
  • bei  Sonnenaufgang Machu Picchu erklommen






































































2 Kommentare:

  1. Hi David,
    sensationelle Fotos. Was Du hier so erlebst ist einfach eine Wonne zum anschauen. Deine fabelhaften Bilder der Natur, Menschen und Augenblicke faszinieren und gefallen mir sehr. Freue mich ehrlich mit Dir, dass Du all das erleben darfst.
    Gruß,
    ein Fan (aus G.) Deiner Reise

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